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GLAUBEN UND WISSEN


04. – 26.11.2006
Ein Ausstellungsprojekt unter Mitwirkung von

Florian Balze
Beate Engl
Hlynur Hallsson
Piotr Komarnicki
Daniel Man
Hannes Malte Mahler
Daniel Müller-Friedrichsen
Michael Schrattenthaler
Daniel Schürer/Via113
Wolfgang Stehle
Alexander Steig
Jürgen Witte

 


Eröffnung: Freitag, 03. November 2006, 18 – 21 Uhr
Begrüßung: Klaus von Gaffron
Einführung: Dr. Patricia Drück

Galerie der Künstler
Berufsverband Bildender Künstler München u. Oberbayern e. V. Maximilianstraße 42
D-80538 München
Telefon: 089-220 463
www.bbk-bayern.de

Öffnungszeiten: Di. – So, 11 bis 18 Uhr

In Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München

Unterstützt von:
Erwin und Gisela von Steiner Stiftung
icelandair
Kunstverein Via113 e. V.

 


Glauben ist mehr als einSynonym für Religion - gerade angesichts der gegenwärtigen Debatten wird uns dies verstärkt vor Augen geführt. Im alltäglichen Sprachgebrauch beschreibt Glauben die im Rahmen von Unsicherheit festgestellten Erwartungen bezüglich Tatsachen oder Zusammenhänge. In solchem Glauben drücken sich Meinungen,Vermutungen, subjektive Wahrnehmungen aus. Wissen hingegen bezeichnetdie Gesamtheit aller organisierten Informationen und ihrer wechselseitigen Zusammenhänge, auf deren Grundlage einvernunftbegabtes System handeln kann. Ist Glauben also irrationaler Gegenpol zum fest an Fakten überprüfbaren Wissen? Und was glaubt der Mensch heute, woran glaubt er? Schein oder Sein, Spekulation oder Gewissheit, mediale Vermittlung oder authentisches Erleben. Glaubt eran das, was er sieht, was dokumentiert wurde, was wissenschaftlich bewiesen scheint oder ist? Die 12 beteiligten Künstler widmen sich dem Begriffspaar GLAUBEN UND WISSEN und realisieren zu diesem Themenkomplex weitgehend neue Arbeiten vor Ort. Allesamt einer jüngeren Generation zugehörig, sind sie bereits überregional,teilweise auch international in Erscheinung getreten. Konzipiert wurdedas Projekt von dem Künstler und Kulturwissenschaftler AlexanderSteig in Zusammenarbeit mit Patricia Drück. Die Künstler bedienensich mit Video- und Rauminstallation über Performance und Happeningbis zu Malerei, Fotografie oder Skulptur der großen Bandbreiteverfügbarer zeitgenössischer Ausdrucksformen und bildnerischerStrategien. Vermutungen und Forschungsansätze, Statements undFragestellungen erfahren eine Äußerung, die sich im Zusammenspielder verschiedenen künstlerischen Positionen immer wieder neudefinieren und behaupten müssen. Damit verweist die Ausstellungimplizit auch auf die Rahmenbedingungen, in denen Kunst wahrgenommenwird, letztlich also auf das Betriebssystem Kunst.
Dr. PatriciaDrück

Hannes Malte Mahler(*1968) lädt in seiner interaktiven Installation “Zeichnen Sieworan Sie glauben" den Besucher ein, auf Papier festzuhalten, wasihm wichtig ist. Einmal Bild geworden, soll die Zeichnung sofortwieder zerstört und durch einen Papiershredder geschickt werden.Nach und nach sammeln sich vor Ort Papierschnitzel von kurzfristigvisualisierten, nur noch imaginär vorhandenen Glaubensbezeichnungen

Beate Engl(*1973) hat zwei Rednerpulte installiert, die durch einen roten, sichdurch die Ausstellung ziehenden Teppichläufer verbunden sind. BeimBetreten ertönen Versatzstücke aus verschiedenen Reden undFernsehansprachen. Der Künstlerin gelingen anhand des von ihrmodifizierten Ausgangsmaterials entlarvende Aussagen überMachtstrukturen und globale wirtschaftlicheZusammenhänge.

Die “EuropäischeEisorgel" von Jürgen Witte (*1965) besteht aus einem imRaum platzierten Ensemble, bei dem geschmolzenes Eis am Stil in einemKreis angeordnet ist. In dessen Mitte befindet sich ein Klavierhocker- ironische Momente, die sich zu einem poetischen Bild verdichten.Seit Witte noch während seines Studiums der Tiermedizin das derfreien Kunst begann, setzt er erfolgreich naturwissenschaftlicheParameter außer Kraft und erobert die Dimension desAbsurden.

Wolfgang Stehle (*1965) beschäftigt sich in seinen Skulpturen,Installationen und Zeichnungen intensiv mit der Beziehung zwischenArchitektur und Dekoration bzw. Ornament und mit dem sich je nachKontext verändernden Verhältnis dieser Bereiche zur bildendenKunst. Untersucht werden die Metamorphosen, denen Darstellungen imWandel historischer und sozio-kultureller Kontexte unterworfen sind.In der Ausstellung zeigt Stehle den raumgreifenden Einbau einerLandschaft, die einheitlich mit einer Tapete überzogen ist und dieverschiedene Ebenen derselben Oberfläche unterwirft.

Die Wandarbeiten undInstallationen von Florian Balze (*1969) erinnern hingegen anEinrichtungsgegenstände und Dekorationsobjekte. Als"Kontemplationshilfen" für die Arbeiten der anderenAusstellenden können sie ihre eigene Autonomie aufgeben und imGanzen aufgehen. Inhaltlich hinterfragt der Künstler die Grenzenzwischen Funktion und Ästhetik, letztlich aber auch jene zwischendem Innen und dem Außen des Kunstsystems. Seinecomputermanipulierten Fotografien hingegen spielen auf dieGlaubwürdigkeit an, die wir der Fotografie heutzutage noch schenkenkönnen. Welche Bedeutung haben authentisches Erleben und medialeVermittlung, welchen Glauben schenken wir noch den Informationsmedien,die uns umgeben?

Michael Schrattenthaler (*1971) treibt diesen Gedanken mit der Arbeit“Lotto" auf die Spitze, eine rotierende Trommel, die mit diversenZeitschriften gefüllt ist. Die Flut täglicher Masseninformationmischt sich in der Maschine immer wieder neu mit anderen Informationenund entzieht sich so einer eindeutigen Festlegung. Gleichzeitigpotenziert das Geräusch der sich drehende Trommel ironisch das“Rauschen" im Blätterwald.

Alexander Steigs (*1968) multimediale Installationen beschäftigen sich mitdem Thema Überwachung und Kontrolle. Inhalt seiner Untersuchung istdie Realität und ihr mediales Erscheinungsbild samt derenRückwirkungen auf den realen Kontext. Ein im Ausstellungsraumeingebauter White Cube und das Closed-Circuit-Verfahren derVideoinstallation erzeugen eine Art selbstreferenzielleBeobachtungssituation, bei der Kontrolle jedoch nur noch vermeintlichausgeübt werden kann. Der irritierende Erkenntniswert liegt vielmehrin der Tatsache, dass jegliche Intimität unterlaufen undschließlich aufgelöst wird.

Der Isländer Hlynur Hallsson (*1968) ist ein Reisender zwischen den Kontinentenund Kulturen. Dabei entsteht eine Fülle von Momentaufnahmen, die erfür seine Foto- und Videoarbeiten verwendet. ZeitgenössischeBildwelten bringt er zusammen mit einer einfachen, aber nachhaltigwirkenden Erzählstrategie, die Auskunft gibt über den Zustand dergegenwärtigen Welt. Im Zusammenklang von Bild und Text werden jedochauch die jeweiligen Medien und ihre Funktion in Frage gestellt undermöglichen Einblicke in Gestalt und Form gegenwärtigerKunst.

Piotr Komarnicki (*1971) widmet sich in seinen auf konzeptionellen Ideenbasierenden Inszenierungen “Words and Places", die auf Fotos,Video und am jeweiligen Ort angebrachten Texten basieren, derAuthentizität des Erlebens in seinen unterschiedlichenästhetischen Erscheinungs-formen. Form und Konzept werden flexibelgemischt und aus der jeweiligen Situation heraus neudefiniert.

Daniel Man(*1969)und Daniel Müller-Friedrichsen (*1975) haben sich miteiner malerischen wie installativen Intervention im letztenAusstellungsraum zu einer Zusammenarbeit entschlossen. EinzelneObjekte werden in der Gesamtinstallation immer wieder neuenBezugssystemen unterworfen. Eine große spiegelnde Flächedupliziert die Malereien und Zeichnungen an den Wänden, die dieklassische Präsentationsform von Malerei bewusst unterläuft. DerDialog beider Künstler versteht sich als Versuchsanordnung, die mehrFragen stellt als Antworten liefert.

Daniel Schürer (*1965) schließlich zeigt mit “VereinigteSchiffsbauwerft Schürer & Töchter" eine Außenstelle desKunstvereins Via113. Die Münchner Unternehmung wird nach Weimar,Porto, Hannover u. a. Orten damit Teil des Außenstellennetzes desvon Schürer seit 1992 zwischen Hannover und Braunschweig betriebenenKunstraums. Zentrum ist ein temporäres künstlerisches Labor, dasauch als Kommunikationszentrum für Gäste dient. Im Laufe derAusstellung erfährt die Präsentation eine fortschreitendeVeränderung. Einbezogen werden im Sinne eines erweitertenKunstbegriffes sowohl eigene künstlerische Erzeugnisse als auchunterschiedliche, vor Ort entwickelte diskursive Praktiken undVermittlungsmodelle.